Hey! Der redet ja wirklich mit mir!


Die Idee kam ihm im Fernen Osten, getroffen hat er ihn überall und gesprochen hat er mit ihm an seinem Wohnort in Bernau am Chiemsee. Der Filmemacher, Journalist und Autor Detlev Neufert (67) hat Jesus interviewt.

Klaus Bovers hat Neufert für OVB online dazu befragt.  (3. Juni 2015)

 

Interviews sind für Sie als Dokumentarfilmer sicher nichts neues. Aber ausgerechnet eines mit Jesus? Wie kam das zustande und – haben Sie gleich einen Termin bekommen?

2005 habe ich in Thailand einen Dokumentarfilm über das Aids-Waisendorf „Baan Gerda“ gedreht, wo ich erlebt habe, dass dem Tod geweihte Kinder wie durch ein Wunder wieder zurück ins Leben fanden, nur weil sie zum ersten Mal Zuwendung und Liebe spürten. Und statt einer der üblichen Betroffenheits-Dokumentationen über Katastrophen, die vom Leben zum Tod führen, enstand ein Film, der beweist, dass auch der umgekehrte Weg möglich ist. Danach fand ich alle weiteren Filmthemen unwichtig und bedeutungslos, so wie man nach einem 8000er-Gipfel die Kampenwand macht. Ist auch schön, aber doch ein ganz anderer Blick! Ich fragte mich dann, wer ist wirklich zuständig für das Thema Leben und Tod? Klare Antwort: Jesus. Mit ihm wollte ich unbedingt ins Gespräch kommen! Einen Termin bekommt übrigens jeder, überall und zu jeder Zeit, beim Papst ist das sicher viel schwieriger. Und schon nach den ersten Antworten wurde mit klar: Hey! Der redet ja wirklich mit mir!

Wie ist denn Jesus so?

Ein klasse Typ, offen, humorvoll, aufrichtig. Wir haben uns rasch geeinigt, dass alle Fragen erlaubt sein müssen. Als ein wahrhaft Weiser hatte er damit kein Problem, aber manche Antworten haben mich ganz schön durchgerüttelt. Doch dann habe ich gemerkt, der macht dir Mut, der bringt dich zum Handeln!

Was sagt denn die Kirche? Ist doch eigentlich eine Frechheit, so ein Interview!

Das würde mich auch interessieren, aber noch halten sich beide Amtskirchen bedeckt. Gerade komme ich von einer Lesung vor rund hundert Hamburger Gymnasiasten, die mein Buch als Thema für ihre Abiturarbeit bekommen hatten. Zu Beginn habe ich sie gefragt, „Wer von euch glaubt an Gott?“ Zwei Drittel haben die Hände gehoben. Auf die Frage „Wer von euch geht regelmäßig in die Kirche?“ waren es gerade mal vier, davon waren zwei Pfarrerskinder. Natürlich habe ich mit Jesus auch über die Kirche gesprochen; seine Haltung? Ich würde mal sagen duldsam bis nachsichtig.

Ihr Gespräch mit Jesus fand vor der letzten Papstwahl statt. Was meinen sie hätte er zum Ergebnis gesagt?

Ich denke mal Jesus ist auch Demokrat, und hätte somit auch jedes andere Ergebnis akzeptiert. Mit Franziskus aber setzt ein Papst wieder da an, wo auch Jesus zu Lebzeiten immer wieder zu finden war, bei den Armen, Ausgebeuteten, Hilflosen und Vergessenen – deshalb kann er ziemlich sicher sein, dass Jesus auf seiner Seite ist.

Skeptiker werden einwenden, dass sich da jemand wichtige Lebensfragen selber beantwortet. Ist Ihr Interview nicht doch eher ein Selbstgespräch?

Das würde ich als erstes auch vermuten. Aber alle Reaktionen meiner Leser haben gezeigt, dass diese Frage nach den ersten Seiten keine Bedeutung mehr hat. Selbstgespräche können ja durchaus ihren Sinn haben, und ist nicht jedes Gespräch auch eine Art Spiegel eigenen Wissens und eigener Erfahrung?

Vor zweitausend Jahren hat Jesus die Wucherer aus dem Tempel vertrieben. Wo würde er wohl heute ähnliche Aktionen starten?

Ich glaube heute würde er eher versuchen, die Menschen von innen her zu verändern, und da hätte er sicher viel zu tun. Aber wenn schon Aktionen, dann würde er wohl einigen Investoren, Lobbyisten und Giermenschen an der Wallstreet die Dämonen austreiben, oder sie zumindest bei ihrem nächsten Börsen-Erfolgs-Umtrunk in eine Diskussion um den Sinn des Lebens verwickeln, oder sie über ihre Nähe zur Hölle aufklären. Vorstellbar ist auch, dass er heimlich Kirchentüren aufsperrt, um Menschen auf der Flucht zu helfen.

Sie sind in Ihrem Beruf viel in der Welt herumgekommen. Mit Jesus kann man überall reden, sagen Sie, wie kommt es, dass sie Ihr Interview-Buch ausgerechnet in Bernau im Chiemgau fertig geschrieben haben?

Ich könnte das dem Zufall unterschieben, aber das würde es nicht treffen. Der Dalai Lama hat einmal gesagt, „Der Chiemgau ist das spirituelle Herz Deutschlands.“ Und selbst wenn das nur auf Bayern zutreffen würde, Jesus würde ihm sicher Recht geben. Der Chiemgau ist zwar katholisches Kernland, aber dabei aus Tradition so weltoffen, dass es für mein Gespräch mit dem Sohn Gottes ein wirklich inspirierender Platz war.

Detlev F. Neufert: „Jesus: Das Interview – Neues vom Auferstandenen“, 256 Seiten, Gütersloher Verlagshaus, ISBN: 978-3-579-07088-9, 17.99 Euro.

OVB online

 

google916106d2cf7b0781.html